Einheitspatent: Das müssen Sie wissen

Durch die Globalisierung werden immer mehr Unternehmen auch international tätig. Insbesondere durch die Wirtschaftsunion wird der Markt in der EU weiter vereinheitlicht und europäische Unternehmen sind schon lange nicht mehr nur in einem Land tätig. Die Überlegung, ein Patent nicht nur in Deutschland, sondern direkt in der EU anzumelden, ist für Gründer, Erfinder und Unternehmer wichtiger denn je.

Grund genug, sich einmal mit dem Einheitspatent zu beschäftigen. Doch was sind die Vorteile von einem Einheitspatent im Vergleich zu einzelnen nationalen Patenten? Und welche rechtlichen Besonderheiten gibt es? In diesem Beitrag klären wir auf.

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Was ist ein Einheitspatent?

Das Einheitspatent, offiziell als europäisches Patent mit einheitlicher Wirkung bezeichnet, revolutioniert den Patentschutz in der Europäischen Union. Diese innovative Schutzrechtsform wurde entwickelt, um den Prozess der Patenterlangung und -durchsetzung innerhalb der EU zu vereinfachen und zu harmonisieren. Das Einheitspatent ermöglicht es, mit einer einzigen Patentanmeldung beim Europäischen Patentamt (EPA) Patentschutz in mehreren EU-Mitgliedstaaten zu erlangen, ohne dass separate nationale Validierungsverfahren nach der Erteilung des Patents erforderlich sind.

Hier sind die wesentlichen Merkmale des Einheitspatents:

  1. Einheitliche Wirkung: Ein erteiltes Einheitspatent hat in allen teilnehmenden EU-Mitgliedstaaten die gleiche rechtliche Wirkung. Das bedeutet, dass das Patent in diesen Ländern automatisch anerkannt und durchsetzbar ist, ohne dass separate nationale Validierungen erforderlich sind. Hierdurch kann auf kostengünstige Weise ein einheitlicher Patentschutz für einen Großteil des EU-Binnenmarktes erzielt werden.
  2. Zentralisierte Anmeldung und Verwaltung: Die Anmeldung für ein Einheitspatent erfolgt - wie für das klassische europäische Bündelpatent - zentral beim Europäischen Patentamt (EPA). Statt der Validierung in den Einzelstaaten nach der Erteilung, kann jedoch durch einen einzigen Antrag beim EPA ein gültiges Schutzrecht für alle teilnehmenden Staaten erhalten werden. Dies vereinfacht das Verfahren und reduziert den Verwaltungsaufwand im Vergleich zu einzelnen nationalen Patentanmeldungen oder dem klassischen europäischen Bündelpatent.
  3. Einheitliches Gerichtsverfahren: Parallel zum Einheitspatent wurde auch das Einheitliche Patentgericht (UPC) eingerichtet, das für Streitigkeiten im Zusammenhang mit Einheitspatenten zuständig ist. Dies gewährleistet eine einheitliche Rechtsprechung und wird schlussendlich auch zu einer Harmonisierung der Rechtsprechung in den teilnehmenden Ländern führen. Durch die Gültigkeit der Urteile für alle teilnehmenden Länder bedarf es nicht mehr der parallelen Gerichtsführung, was den Aufwand und die Kosten erheblich reduziert.

Das Einheitspatent zielt darauf ab, den Patentschutz in der EU effizienter und kostengünstiger zu gestalten, indem es die Notwendigkeit reduziert, separate Patente in mehreren Ländern anzumelden und durchzusetzen. Es ist ein Teil der Bemühungen zur Schaffung eines einheitlichen Binnenmarktes in der EU.

Einheitspatent: Welche Länder sind beteiligt?

Nicht alle EU-Mitgliedstaaten nehmen am Einheitspatent teil. Bisher haben 18 EU-Mitgliedstaaten das Einheitspatent-System vollständig ratifiziert (Stand: September 2024).

Folgende Staaten nehmen bisher daran teil:
  • Belgien
  • Bulgarien
  • Dänemark
  • Deutschland
  • Estland
  • Finnland
  • Frankreich
  • Italien
  • Lettland
  • Litauen
  • Luxemburg
  • Malta
  • Niederlande
  • Österreich
  • Portugal
  • Schweden
  • Slowenien
  • Rumänien.

Das Einheitspatent kann aktuell also nur für diese Staaten seine Wirksamkeit entfalten. Es ist zu erwarten, dass sich auch weitere europäische Länder zeitnah daran beteiligen werden.

Was sind die Vorteile vom Einheitspatent?

Das Einheitspatent bietet mehrere Vorteile, die darauf abzielen, den Patentschutz in der Europäischen Union effizienter, kostengünstiger und einfacher zu gestalten. Hier sind die wichtigsten Vorteile:

  • Vereinfachung und Vereinheitlichung des Verfahrens: Die Anmeldung, Prüfung, Verwaltung und Aufrechterhaltung des Einheitspatents erfolgen zentral über das Europäische Patentamt. Dies erleichtert den gesamten Prozess erheblich im Vergleich zu separaten nationalen Patentanmeldungen oder dem klassischen europäischen Bündelpatent, bei welchem nur der Anmelde- und Prüfungsprozess zentralisiert beim Europäischen Patentamt (EPA) erfolgt.
  • Einheitliche Wirkung: Das Patent wird in allen teilnehmenden EU-Ländern automatisch anerkannt, ohne dass separate Anmelde- oder Validierungsprozesse durchlaufen werden müssen.
  • Kostenersparnis: Hierdurch entstehen geringere Kosten, aber auch die Verwaltung ist einfach, da es mit dem Europäischen Patentamt (EPA) eine zentrale Verwaltungsstelle gibt.
  • Marktwert des Patents: Einheitspatente können für Investoren attraktiver sein, da sie einen umfassenden und einheitlichen Schutz bieten, was den Marktwert einer geschützten Erfindung steigern kann.
  • Breiter geografischer Schutz auf einfache Weise: Mit einer einzigen Anmeldung kann Schutz in mehreren Ländern erlangt werden, was insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) attraktiv ist, die ansonsten möglicherweise die Kosten für Schutz in vielen einzelnen Ländern scheuen würden.

Insgesamt geht es also darum, durch das Einheitspatent den Patentschutz in der EU zugänglicher und einheitlicher zu gestalten, insbesondere für etablierte Unternehmen und Startups. Wer also kurz- oder langfristig expandieren möchte, sollte sich im Vorfeld mit dem Einheitspatent beschäftigen. Gerne beraten wir Sie dazu in einem persönlichen Gespräch!

Was wird ein Einheitspatent kosten?

Mit dem Einheitspatent können Unternehmer, Gründer und Erfinder durch einen einzigen, zentral gesteuerten Patentanmeldungs-, Prüfungs-, und Validierungsprozess Schutz in mehreren EU-Mitgliedstaaten erlangen, was die Notwendigkeit mehrerer nationaler Anmeldungen oder separater Validierungsschritte und damit verbundener Gebühren reduziert.

Außerdem fallen geringere Übersetzungskosten an, da das Einheitspatent nach der Erteilung nur in eine Landessprache eines EU-Staates, die sich von der Einreichungssprache der Patentanmeldung unterscheidet, übersetzt werden muss. Bei separaten nationalen Patentanmeldungen oder auch bei der Validierung eines europäischen Bündelpatents war bisher (oft) die Übersetzung in die jeweilige Landessprache erforderlich. Die Übersetzungskosten sinken dadurch also erheblich.

Da die Beantragung der einheitlichen Wirkung nur eine Alternativoption zur Validierung nach der Erteilung ist, der Patentanmeldungs- und Prüfungsprozess jedoch identisch zu dem des “klassischen” europäischen Bündelpatents verläuft, gibt es diesbezüglich keine Kostenänderungen. Das heißt: Kosten, insbesondere für die Rechtsberatung, bleiben dieselben. Gerne beraten wir Sie umfassend zu Ihren Wünschen und den zu erwartenden Kosten!

Jahresgebühren beim Einheitspatent

Auch Einheitspatente erfordern die Zahlung jährlicher Aufrechterhaltungsgebühren, die mit der Zeit steigen. Diese Gebühren beginnen im niedrigen Hunderterbereich und steigen bis zum 20. Jahr (das Maximum für Patente) auf etwa 4.855 Euro an (Stand: Oktober 2024). Besonders niedrig sind die Gebühren in den ersten Jahren. Bis zum 10. Jahr summieren dieses sich auf weniger als 5.000 Euro.

  • 3. Jahr: 35 Euro
  • 5. Jahr: 485 Euro
  • 10. Jahr: 1.775 Euro
  • 15. Jahr: 3.000 Euro
  • 20. Jahr: 4.855 Euro

Im Vergleich zu der Aufrechterhaltung einer Vielzahl von separaten nationalen Patenten sind die Kosten für die Aufrechterhaltung eines Einheitspatent deutlich niedriger. Gegenüber der Validierung in allen 18 teilnehmenden Staaten betragen die über die gesamte Patentlaufzeit summierten Jahresgebühren nur ein knappes Drittel.

Was die Jahresgebühren anbelangt, “lohnt” sich das Einheitspatent in der Regel bereits ab 3 Ländern im Vergleich zu separaten Patenten - insbesondere, da der Verwaltungsaufwand deutlich geringer als bei einer Vielzahl von Einzelpatenten ist.

Einheitspatentgericht: Klagen mit dem Einheitspatent?

Das Einheitspatentgericht ist ausschließlich zuständig für Einheitspatente, jedoch auch für nationale Patente, für die nicht die Zuständigkeit mittels eines entsprechenden Antrags ausgeschlossen worden ist (sogenannter „Opt-out“).

Durch das Einheitspatentgericht besteht nun erstmals die Möglichkeit, mit Wirkung für mehrere Staaten gleichzeitig zu klagen und so den Vorteil eines einzigen Klageprozesses zu haben. Bisher musste in Deutschland und anderen EU Staaten einzeln geklagt werden.

Bislang gibt es jedoch noch nicht viel Rechtsprechung zum Einheitspatent. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtslage innerhalb der EU entwickelt. Es ist aber davon auszugehen, dass sich langfristig die gesamte Rechtsprechung (auch die deutsche) vereinheitlichen wird.

Achtung:
Inhaber von einzelnen nationalen Schutzrechten können wie oben beschrieben durch einen Opt-out-Antrag die Zuständigkeit des Einheitspatentgerichts innerhalb einer Übergangszeit von mindestens 7 Jahre ausschließen.
Das bedeutet, dass Patentinhaber darauf bestehen können, dass Rechtsverletzungen und Entscheidungen über die Validität weiterhin von nationalen Gerichten und nicht vom Einheitspatentgericht getroffen werden.

Fazit

Das Einheitspatent und das Einheitspatentgericht bieten für Rechtsanwender neue Möglichkeiten im Bereich des Patentrechts. Zwar wird es gewiss noch einige Zeit brauchen, um herauszufinden, wie die Rechtsprechung des neuen Gerichts sich entwickelt. Aber insbesondere unter dem Aspekt Kosten- und Verwaltungsaufwand erscheint das Einheitspatent insbesondere für kleinere und mittlere Unternehmen sehr reizvoll.

Für Unternehmen und Startups, die planen, sich nicht nur in Deutschland, sondern auch multinational zu platzieren, kann das eine erfreuliche Nachricht sein. Das Einheitspatent kann in jedem Fall eine Alternative zu Einzelpatenten bieten. Gerne beraten wir Sie dahingehend bei offenen Fragen und individuellen Anliegen!

Als spezialisierte Kanzlei für Patent- und Markenrecht haben wir die Expertise und die passenden Tools, um Sie bei ihren Recherchen zu unterstützen. Durch unsere jahrzehntelange Erfahrung beraten wir Sie zudem umfassend zu den möglichen Optionen und geben Ihnen eine Einschätzung zur Markt- und Rechtslage. Darüber hinaus übernehmen wir gerne den gesamten Prozess der Anmeldung für Sie.